Back Down to Earth


[Buchrezension] Erebos - Ursula Poznanski

Vielleicht war Jamie nicht aus Wut und Unachtsamkeit ungebremst auf die Kreuzung gefahren. Vielleicht hatte er gebremst oder es zumindest versucht. Er hatte Nick den Brief mit dem Grabstein gezeigt. Eine Drohung, die er nicht ernst genommen hatte. Jamie aber schon. Und jetzt...
Jemandem die Fahrradbremsen zu kappen oder jemanden eine Überdosis Digitalis in den Tee zu mischen - der Unterschied war nicht so groß.

Inhalt:
An Nicks Schule wird ein geheimnisvolles Objekt von Schüler zu Schüler weitergegeben, doch keiner spricht darüber. Anfangs verärgert wird Nick doch schnell neugierig und erfährt schließlich, worum es sich handelt: Ein PC-Spiel. Als er es selbst ausgehändigt bekommt, findet er bald heraus, weshalb es so faszinierend für die anderen ist: Es scheint zu denken wie ein Mensch und spricht sogar mit den Spielern!
Doch als Nick irgendwann auch Aufgaben in der realen Welt ausführen muss, beginnt er ob seiner eigentlichen Begeisterung misstrauisch zu werden. Aber er erfährt fast schon zu spät, was das Spiel wirklich will: Rache...

Buchaufmachung:
Das Cover ist relativ schlicht in rot gehalten, einzelne weiße Farbflecken und Kratzer machen es zu einem Eyecatcher, gemeinsam mit dem gestanzten Titel. Das schwarze, gezeichnete Auge scheint den geneigten Leser genau anzusehen, was sehr geheimnisvoll wirkt und gleichzeitig auch einen eindeutigen Bezug zur Geschichte hat. Für mich eine 1A-Buchgestaltung.

Meine Meinung:
So viele haben von "Erebos" schon geschwärmt und noch immer kommen begeisterte Rezensionen dazu. Nachdem ich letztes Jahr "Saeculum" der Autorin gelesen hatte, wollte ich es nun auch endlich mit ihrem Jugendbuch-Debüt versuchen - und ich wurde nicht enttäuscht.

Gleich von Anfang an wird der Leser in Nicks Leben und seine Gefühlswelt hineingeworfen. Anfangs hält dieser nichts von der CD, die an seiner Schule die Runde macht, denn es stört ihn, wie sich die betreffenden Personen verhalten - sie sprechen nicht mehr mit den anderen, verhalten sich geheimnisvoll und sehen abgekämpft aus. Doch seine Neugierde ist ebenso groß und so verfällt er dem Spiel - Erebos - genauso wie alle anderen, als er es bekommt.

Der erste Teil besteht hauptsächlich aus dem Spiel selbst, das alle betreffenden Personen immer mehr in den Bann zieht. Der Leser erlebt mit Nick gemeinsam die Spielwelt als Sarius, bekommt mit, wie er gegen Monster kämpft, sich mit anderen Spielern unterhält und Nachforschungen anstellt darüber, wer wer ist. Er wird süchtig und auch wenn das für mich nicht nachvollziehbar war, da ich so etwas nicht kenne, konnte ich mich dennoch mit ihm identifizieren.

Er ist eigentlich sehr sympathisch, fröhlich und gewitzt, weswegen er gleich meine Sympathien einfahren konnte. Auch wenn er sich im Laufe des Spiels verändert und sich vom Spiel beeinflussen zu lassen scheint, konnte ich noch mitfühlen und in gewisser Weise auch mitfiebern. Die Wandlung seines und auch der Charaktere der anderen hat Poznanski absolut überzeugend und glaubwürdig dargestellt, unter anderem auch Nicks Angebetete Emily, die genau wie sein bester Freund überzeugt ist von der Gefährlichkeit von Erebos. Andere Figuren, die man zu Anfang noch gut leiden kann, wandeln sich und werden abscheulich, bleiben aber authentisch, sodass man nicht genervt wird.

Die Spannung nimmt mit jeder Aufgabe des Spiels zu. Sie werden immer schwieriger, immer heftiger, je weiter aufgestiegen Nick ist. Doch dann kommt eine, die er nicht bewältigen kann und will - und da wird ihm klar, dass etwas nicht stimmt. Kann es sein, dass Erebos böse ist und einen ganz bestimmten Plan verfolgt? Aber wenn ja, welchen?

Sein Kampf gegen die Pläne sind absolut fesselnd, man fragt sich die ganze Zeit: Was ist der Sinn, wie ist die Auflösung und von wem stammt das alles? Nick versucht mit ein paar anderen, das Rätsel zu lösen und das nahende Unheil abzuwenden. Dabei kommen Dinge ans Licht, mit denen weder er noch der Leser gerechnet hätte und die es unmöglich machen, dass das alles nur ein Spiel sein soll. Ich konnte mich kaum noch losreißen, ja, wollte eigentlich nichts anderes mehr tun und fieberte dem Ende spätestens ab da  richtig entgegen. 

Dieses wurde ganz augenscheinlich von Ursula Poznanski gut durchdacht und absolut präzise dargebracht. Es ist schlüssig, glaubwürdig und vor allem nicht total aus der Luft gegriffen. Ebenso zeigt es auf, welche Macht solche Spiele über uns haben können, wozu uns die Sucht bringen kann, zu welchen Taten wir fähig sind, wenn uns jemand etwas dafür verspricht. Der Showdown ist erschreckend realistisch, klingt aber gut aus und lässt einen so mit dem Gefühl zurück, grade ein unglaubliches Abenteuer erlebt zu haben.

Fazit:
"Erebos" ist eindeutig kein einfacher, läppischer Jugendroman, sonder hat ein zentrales und wichtiges Thema, das von der Autorin grandios umgesetzt wurde. Spannend, authentisch und mit guten Charakterisierungen bringt sie die Leser dazu, alles um sich herum zu vergessen. 5 von 5 Punkten!


Das Buch auf der Verlagswebsite: Hier klicken

  3 Kommentare:

  1. Klingt gut, ich werd's mir demnächst wohl auch mal kaufen! :)

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  2. Ich lese das Buch auch im Moment und bin bisher sehr begeistert :-) sehr schöne Rezension.

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  3. Auch von dir die volle Punktzahl! Langsam sollte ich es mir wirklich zulegen. Klasse Rezi.

    Lieben Gruß, Diti

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Die Bloggerin

Kittyzer, 22 Jahre alt, früher als Sonne bekannt. Gebürtige Niedersachsin, die für die Arbeit nach Rheinland-Pfalz gezogen ist. Schreibt über Bücher, Filme, Serien und Mainz. Um mehr zu erfahren, → klicke hier

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